Harburg bekommt ein Forum für gesellschaftlichen Zusammenhalt 

Eine funktionierende Gesellschaft basiert auf gemeinsamen Wertvorstellungen. In Deutschland bildet die freiheitlich-demokratische Grundordnung diesen gesellschaftlichen Konsens. Demokratie und die Überzeugung, dass Gewalt kein Mittel zur Lösung politischer oder gesellschaftlicher Konflikte sein darf, sind die Grundvoraussetzung für ein gutes Zusammenleben aller. 

Aus der Geschichte Deutschlands mit 6,5 Millionen jüdischen und Hunderttausenden weiteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern anderer Herkunft, die Opfer des Rassenwahns der Nationalsozialisten wurden, erwächst die besondere Verantwortung Deutschlands für den Schutz des jüdischen Volks und dafür, dass ein derartiger Völkermord sich nie wieder ereignen darf. Aus diesem Grund ist das Existenzrecht Israels Teil der deutschen Staatsräson. 

Es ist eine Verpflichtung für alle Menschen, die in Deutschland leben – seien sie hier geboren oder nicht. Es ist eine Verpflichtung des Staates, der demokratischen politischen Parteien und der Gesellschaft mit ihren zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen, in unserer Gesellschaft dafür zu sorgen, dass Demokratie eine notwendige Voraussetzung von Frieden und Toleranz sind und Antisemitismus keine Akzeptanz haben darf. 

“Nie wieder!” war das Versprechen nach dem verbrecherischen Zivilisationsbruch der Nazis. Und die meisten spüren: 

Nie wieder ist jetzt! 

Bereits seit einigen Jahren wird die Demokratie unter Beschuss genommen, werden demokratische Institutionen verächtlich gemacht und sinkt scheinbar die Akzeptanz von Demokratie und ihre Institutionen. Dabei ist Demokratie eine Grundvoraussetzung dafür, dass ein solches Verbrechen nie wieder geschehen kann, wie ein Blick auf die Autokratien und Diktaturen der Welt mit ihren Willkürherrschaften zeigt. 

In jüngster Zeit ist insbesondere auch nach den Verbrechen der Hamas am 7. Oktober 2023 ist der Antisemitismus in Deutschland wieder offen hervorgetreten.  

In Teilen unserer Gesellschaft war der Antisemitismus nie weg. Er bewegte sich im Verborgenen. Jetzt wird er von alten und neuen Apologeten offen auf die Straßen und in die Öffentlichkeit der klassischen und der sozialen Medien getragen. 

Offen wird – eben leider auch in Harburg – die Vernichtung Israels und auch die Vernichtung der Jüdinnen und Juden propagiert. Jüdische Einrichtungen brauchen zusätzlichen Schutz und jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger haben Angst, in bestimmten Kreisen und Gegenden offen zu zeigen, dass sie jüdisch sind. 

Der Vorsitzende der SPD-Bezirksfraktion Frank Richter sagt: “Eine funktionierende Gesellschaft kann und darf eine solche Bedrohung von Mitbürgerinnen und Mitbürgern nicht zulassen. Alle relevanten Teile dieser Gesellschaft müssen ein Interesse daran haben, dass derartige Zustände nicht toleriert werden, denn die Ausgrenzung und Gewalt kann jederzeit auch den Angehörigen anderer Gruppen gelten. Und die Demokratie und die Grundwerte unserer Gesellschaft stehen schon seit einiger Zeit durch andere extremistische Gruppierungen ebenfalls unter Druck. Wir haben daher gemeinsam als Gesellschaft die Aufgabe, dem durch Aufklärung und Einflussnahme, auch durch frühzeitige Bildung und Wertevermittlung der Kinder und Jugendlichen in ihrem jeweiligen Wirkungskreis entgegenzuwirken und die Werte von Demokratie, Gewaltfreiheit und Toleranz zu vermitteln. Hierzu braucht es einen gemeinsamen Willen und eine gemeinsame Strategie. Um dies diskutieren und gestalten zu können, werden wir nach dem einstimmigen Beschluss der Bezirksversammlung vergangenen Dienstag ein hoffentlich breites Forum mit den Akteuren der Zivilgesellschaft bekommen, denn der Staat mit seinen Bildungsinstitutionen kann nur einen Teil dieser wichtigen Arbeit leisten.” 

SPD setzte in der Bezirksversammlung auf den Themenschwerpunkt Heizen 

Die SPD-Bezirksfraktion hat auf der letzten Sitzung der Bezirksversammlung Harburg vor der Sommerpause ihren Fokus auf das Thema Heizen in Harburg gelegt. Sie nutzte zunächst die Aktuelle Stunde, bei der sie in dieser Sitzung turnusmäßig das Thema vorgeben konnte, um die Debatte um das Gebäudeenergiegesetz und die Situation in Harburg zu führen. Zugleich hatte die SPD-Fraktion allerdings noch zwei Anträge zum Thema eingebracht, bei denen es um die Potenziale Harburgs bei der Fernwärme und die Nutzung von Abwasser bei der Wärme- und Brauchwasserversorgung im geplanten Neubaugebiet Fischbeker Reethen ging. 

In der Debatte ging der Fraktionsvorsitzende der SPD Frank Richter zunächst auf die von vielen Unwahrheiten geprägte Diskussion um das “Heizungsgesetz” ein, bei dem Populismus und Polemik Angst und Wut geschürt hatten und dabei den demokratisch wichtigen Diskurs um die Änderungen zur Wärmeversorgung im Gebäudeenergiegesetz vergiftete. Notwendige inhaltliche Diskussionen wurden in der Wahrnehmung verdrängt von Hassrede und persönlichen Diffamierungen. 

Im Anschluss verwies Richter auf die positiven Beispiele für lokale und quartiersbezogene Formen der Beheizung, wie z.B. die beiden Eisspeicherheizungen, mit denen der Eisenbahnbauverein in Wilstorf insgesamt rund 1.000 Wohnungen beheizt, sowie auf die geplante Wärmeversorgung im Neubauquartier Fischbeker Reethen, bei der das Nahwärmenetz mit einem Mix aus erneuerbaren Energien wie Geothermie, Solarthermie und Bio-Methan betrieben werden soll. Diese Alternativen zur Wärmepumpe sollen einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung beitragen. 

Richter: ”Im Bezirk Harburg zeigt bereits eine gute Anzahl an vorzeigbaren Pilotprojekten, wie die Wärmewende gerade in den dichter bebauten Bestandsquartieren gelingen kann. Zudem verfügt Harburg zwar nicht über einen Anschluss an das zentrale Fernwärmenetz Hamburgs, bietet aber mit eigenen lokalen Netzen einen guten Ansatz für den Aus- und Neubau von Wärmenetzen, so dass es neben Wärmepumpen, die auch bei Mehrfamilienhäusern effizient eingesetzt werden können, auch andere bezahlbare und praktikable Alternativen für die Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien geben wird.” 

Im Anschluss wurden die beiden Anträge der SPD-Bezirksfraktion diskutiert und beschlossen. 

Mit Blick auf das geplante Wohnquartier Fischbeker Reethen gehen die Ideen der Genossinnen und Genossen noch weiter. Das Quartier solle ein nachhaltiges Modellquartier werden. Ein neues Kombibad Süderelbe mit Wärmerückgewinnung aus Grauwasser, lokale Biogaserzeugung aus Schwarzwasser, Pflanzenkläranlagen zur Brauchwassergewinnung, Solarthermie und Photovoltaik, Regenwasserversickerung sind dabei die Stichworte. 

Eine riesige Menge an Abwässern fließt in den unterirdischen Sielanlagen ungenutzt zu den Klärwerken, wo es aufwändig aufbereitet werden muss. Dabei ist dieses Wasser ein hochwertiger Energieträger. Doch werden die Bestandteile stark durchmischt und müssen in den Klärwerken wieder getrennt werden. Würden Grauwasser, also fäkalienfreies, gering verschmutztes Abwasser aus Bädern, Duschen oder Waschmaschinen und Schwarzwasser, also häusliches Abwasser mit fäkalen Feststoffen – ohne Grauwasser – getrennt abgeleitet, könnten Reinigungsprozesse eingespart und enthaltene Energie genutzt werden. 

Im Quartier Jenfelder Au hat Hamburg Wasser ein entsprechendes Wasserkonzept entwickelt und umgesetzt. Der HAMBURG WATER Cycle® bietet einen neuen Ansatz in der Abwasserwirtschaft, der mit dem konventionellen Prinzip der Schwemmkanalisation nicht mehr viel gemeinsam hat. So wird das Schwarzwasser, welches bei der Nutzung der Toilette entsteht, vom Grauwasser, also Küchen-, Bad- und Waschmaschinenabwasser, separiert. Auch das Regenwasser wird beim HAMBURG WATER Cycle® separat behandelt. 

Die umweltpolitische Fachsprecherin der SPD-Fraktion Claudia Oldenburg sagt: ”Das Schwarzwasser eignet sich aufgrund seiner hohen Konzentration an organischen Stoffen für eine Vergärung und die Produktion von Biogas. Unter Zugabe weiterer Biomasse kann so Energie in Form von Wärme und Strom erzeugt werden und die energieintensive Reinigung des Wassers vermieden werden. Mittels der gewonnenen Biogasenergie kann die Wärmeversorgung des Kombibads über ein Blockheizkraftwerk gedeckt werden und zusätzlich können Wohneinheiten vor Ort versorgt werden. Die Fischbeker Reethen haben das Potenzial, ein Klima-Vorzeige-Quartier zu werden und wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, die der technologische Fortschritt bietet, um zu zeigen, dass es funktionieren kann. Es reicht nicht aus, Energie möglichst klimaneutral zu gewinnen, es kommt auch darauf an, Energieverbrauch zu reduzieren und gewonnene Energie effizient zu nutzen – und das möglichst schon am Ort des Entstehens.” 

Herbert- und Greta-Wehner-Platz nach Neugestaltung eingeweiht

Am 30. Juni 2023 wurde der neu gestaltete Herbert- und Greta-Wehner-Platz in Harburg wieder dem allgemeinen Verkehr übergeben. Mit dem neuen Pflaster und den neuen Gestaltungs und Sitzelementen folgt der Herbert- und Greta-Wehner-Platz optisch dem Sand und der Hölertwiete mit hochwertigem Pflaster und einem Konzept, dass zu einer größeren Klimaresilienz führt, indem bei Starkregen Wasser gespeichert und für die alten und neuen Bäume des Platzes zur Verfügung steht.

Zugleich wurde im Bereich des Harburger Rings mit diesen Arbeiten die Veloroute 11 weiter ausgebaut, so dass auch der Radverkehr an diesem Knotenpunkt reibungsloser laufen wird.

Die Wiederöffnung des Platzes war allerdings auch ein guter Anlass, um an die Namensgeber Herbert und – neuerdings – auch Greta Wehner, ihre Arbeit und ihre Bedeutung für die Demokratie zu erinnern. Meine Rede hierzu:

Sehr geehrte Frau Pein, sehr geehrter Herr Tjarks, sehr geehrte Frau Fredenhagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, 

Ich freue mich, dass ich aus dem heutigen Anlass ein paar Worte über Herbert und Greta Wehner beisteuern darf. Die Älteren unter uns werden Herbert Wehner in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter für Harburg von 1949 bis 1982 vielleicht selbst erlebt haben. Ich erinnere mich daran, dass ich ihn als Schüler 1980 im Wahlkampf in der Eichenhöhe und später noch einmal im Marmstorfer Schützenhof erlebt habe. Und ich erinnere mich – obwohl er schon in der Spätphase seiner politischen Laufbahn war – an einen Mann, der mit Leidenschaft seine politischen Auffassungen vertrat. Herbert Wehner war ein leidenschaftlicher Politiker, eine prägende Figur der SPD und der ersten 30 Jahre der Bundesrepublik. Er war Minister in der großen Koalition 1966 – 1969 und danach 13 Jahre Fraktionsvorsitzender der SPD in der sozialliberalen Koalition. Und wer das mit heutigen Verhältnissen vergleicht kann auch vor den historisch schwierigen Zeiten der späten 70er Jahre ermessen, welche Leistung das gewesen ist. Herbert Wehner mochte manchmal grob erschienen sein. Er verstand es, in Debatten auch eine scharfe Klinge zu führen. Unzählige Ordnungsrufe im Parlament geben davon Zeugnis. Aber jemand hat mal – befragt nach dem Unterschied zwischen Wehner und Willy Brandt – gesagt, Wehner sei aus der Ferne unnahbar erschienen, sei aus der Nähe jedoch nahbar und menschlich gewesen. Das sei bei Brandt umgekehrt gewesen. Tatsächlich war Herbert Wehner den Schilderungen nach im Privaten ein sehr umgänglicher Mensch und mit derselben Hingabe, die er auf der großen politischen Bühne zeigte, wenn es darum ging Gesetze durchzusetzen, kümmerte er sich auch im Kleinen und im Stillen um die sehr persönlichen Probleme von vielen Menschen. Erinnert sei hier an seinen Einsatz für Ausreisewillige aus der DDR. Herbert Wehner war nicht der omnipräsente Wahlkreisabgeordnete, was aufgrund seiner bundespolitisch wichtigen Aufgaben auch nicht möglich war. Aber wenn er gebraucht wurde, sei es wegen der Sietas-Werft oder der Ölmühle aber auch zur Rettung des Mergellschen Parks, dann war er da. Und das ist ein großer Verdienst von Greta Wehner, die bis zu ihrem Tod am 23.12.2017 eine engagierte Kämpferin für die Demokratie und die Sozialdemokratie blieb. Unter anderem deshalb trägt dieser Platz seit 2021 auch ihren Namen.  Sie war ab 1953 seine Verbindung zu Harburg, sein Auge und sein Ohr. Sie war die Ansprechpartnerin für die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger vor Ort, wenn Herbert Wehner nicht selbst vor Ort sein konnte. Für diejenigen, die um Wehners Hilfe baten. Sie hielt den Kontakt zur lokalen SPD und zur Verwaltung und war immer über bestehende oder entstehende Probleme orientiert, so dass auch Herbert Wehner seinen Wahlkreis immer im Blick hatte. Ihr Interesse an Harburg verlor sie auch später als sie schon viele Jahre in Dresden, der Geburtsstadt Wehners, lebte, nicht. Ich hatte das Vergnügen, sie 2012 in ihrer Wohnung in Dresden besuchen zu dürfen. Und ihre erste Frage galt der Sietas-Werft, die damals wieder einmal in wirtschaftlichen Schwierigkeiten war. Entgegen eines häufig erweckten Eindrucks hatten Herbert und Greta Wehner ein partnerschaftliches Verhältnis auf gleichberechtigter Basis. Sie war viel mehr als „diejenige, die Herbert die Thermoskanne trug und über die Einhaltung seines Diätplans wachte“, wie es häufig despektierlich hieß. Schon damals war sie weit mehr als das. In dieser Partnerschaft hatte jeder seine Aufgabe. Und Greta Wehner war ebenso wie Herbert Wehner eine politisch engagierte Sozialdemokratin mit einem starken Gespür für die Menschen und einem bedingungslosen Einsatz für die Demokratie. Deshalb zog sie wenige Jahre nach Herbert Wehners Tod 1990 nach Dresden, um beim Aufbau der sächsischen SPD zu helfen und mit der Gründung des Herbert-Wehner-Bildungswerks 1992 und der sie tragenden Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung 2003 wollte sie einen Beitrag für die politische Bildung leisten, in dem Sinne, dass zur Demokratie in Wehnerschem Sinne nicht nur Wahlen gehören, sondern alle Bereiche der Gesellschaft wie Familie, Gewerkschaften, Sozialverbände, Privates wie Organisationen gehören. Franz Müntefering schrieb über Greta Wehner, „Aus Ihren Texten spricht ihre Persönlichkeit in all ihren Facetten. Herz und Verstand, Mitmenschlichkeit und gesellschaftliche Verantwortung sind immer dabei.“ In diesem Sinne bin ich als Sozialdemokrat froh, dass der neu gestaltete Platz den Namen zweier so beeindruckender sozialdemokratischer Persönlichkeiten trägt.